Cevolution News zu den wichtigsten Änderungen der TäHaV im Nutztierbereich

Cevolution Newsletter 01/2018

Die wichtigsten Änderungen der TÄHAV im Überblick

1. Bestimmung des Begriffs „Behandlung“ 

Im Rahmen der TÄHAV Novelle wurde der Begriff der Behandlung konkretisiert. So hat der behandelnde Tierarzt die Tiere bzw. den Tierbestand entsprechend der aktuellen Regeln der veterinärmedizinischen Wissenschaft in angemessenem Umfang zu untersuchen sowie den Behandlungserfolg und den Einsatz von Arzneimitteln zu kontrollieren. Im Falle einer Behandlung mit einem antibakteriell wirksamen Arzneimittel muss eine klinische Untersuchung durch den Tierarzt durchgeführt werden.
Hiermit wurde der unmittelbar physische Bezug des Tierarztes zum behandelnden Tier betont. Eine tierärztliche Behandlung, die ausschließlich auf einer audivisuellen Kommunikation (Telefonat, persönliches Gespräch, etc.) zwischen Tierhalter und Tierarzt beruht, entspricht somit nicht einer ordnungsgemäßen Behandlung im Sinne der Verordnung.

Beispiel aus der Praxis Schwein:
Routinemäßig finden auf einem Betrieb Montags die Abferkelungen statt. Die Saugferkel bekommen bislang nach der Geburt Enrofloxacin, da auf dem Betrieb nachgewiesen ein Problem mit dem Erreger E. coli herrscht. Bislang hat der Tierarzt am Freitag vor der Abferkelung im Rahmen der Metaphylaxe das Antibiotikum für die Ferkel abgegeben. Das ist jetzt nicht mehr möglich.

2. Umwidmungsverbot

Zukünftig dürfen Cephalosporine der 3. und 4. Generation sowie Fluorchinolone bei Rind, Schwein, Pute, Huhn, Hund und Katze nur noch für die, in der Zulassung berücksichtigten Tierarten verschrieben und eingesetzt werden. Ausnahmen sind Einzelfallentscheidungen und nur dann möglich, wenn die Versorgung der Tiere ernsthaft gefährdet ist. Hierfür besteht eine Nachweispflicht, wobei die Gründe angegeben werden müssen. Es fehlt allerdings eine Definition für diese „ernsthafte Gefährdung“. Daher scheint es ratsam, ausschließlich Arzneimittel einzusetzen, die für die betreffende Tierart zugelassen sind. Bei Rind und Schwein ist dies beispielsweise problemlos möglich

3. Antibiogrammpflicht

Bei der antibiotischen Behandlung von Tiergruppen (Rinder, Schweine, Hühner, Puten) sind unter folgenden Voraussetzungen Antibiogramme zu erstellen: 

  1. Bei einem Wechsel des antibiotischen Wirkstoffes im Verlauf einer Behandlung.
  2. Im Falle des wiederholten oder längerfristigen Einsatzes eines Antibiotikums in bestimmten „Alters- und Produktionsabschnitten“.
  3. Bei der Kombination mehrerer Wirkstoffe für eine Indikation (außer als Fertigarzneimittel).
  4. Im Falle der Anwendung eines antibiotisch wirksamen Medikaments über den Zeitraum von mehr als 7 Tagen (außer, wenn dies in der Zulassung so angegeben ist, dann nur wenn es länger angewendet wird als der dort angegebene Zeitraum).
  5. Bei der Abweichung von den Angaben der Zulassungsbedingungen bezüglich der Zieltierart.
  6. Im Falle von Behandlungen mit Cephalosporinen der 3. und 4. Generation sowie Fluorchinolonen

Bei Punkt 5) und 6) gilt die Antibiogrammpflicht auch bei inzeltierbehandlungen.

Beispiel aus der Praxis Rind:
Bei der Behandlung von an Rindergrippe erkrankten Fressern, sprechen häufig nicht alle Tiere gleich gut auf die Therapie an. Oft stammen sie aus unterschiedlichen Erzeugerbetrieben mit variierender Resistenzlage. Bisher konnte einfacher ein Wirkstoffwechsel oder auch eine Kombination zweier Antibiotika vorgenommen werden. Dies ist jetzt nur noch nach Erstellung eines Antibiogramms möglich (siehe Punkt 4).

Beispiel aus der Praxis Schwein:
Der Begriff Produktionsabschnitt ist nicht genauer definiert. Nehmen wir also an, die gesamte Mastperiode gilt als ein Produktionsabschnitt. Demnach dürfen Tiergruppen in der Endmast, bei denen es zu einem wiederholten Ausbruch von APP kommt, nicht ohne Erstellung eines Antibiogramms mit dem gleichen Wirkstoff erneut behandelt werden, wie zu Beginn der Mast obwohl zwischen den beiden Behandlungen mehrere Wochen liegen können.

4. Festlegung von Methoden zur Probenentnahme, Isolierung von Erregern und Antibiogrammen

Bei der Probenentnahme der Behandlungsgruppe müssen folgende Punkte beachtet werden:

  • Die Entnahme soll vom behandelnden Tierarzt selbst oder unter dessen Aufsicht erfolgen.
  • Die Durchführung der Probenentnahme soll auf national oder international anerkannten Verfahren basieren.
  • Die Entnahme der Proben soll von einer für das klinische Bild der behandelten Tiergruppe repräsentativen Tierauswahl erfolgen.
  • Es sind Proben zu verwenden, die dazu geeignet sind, den die Erkrankung verursachenden bakteriellen Erreger aus ihnen zu isolieren.

Nach der Isolierung müssen die Erreger auf die Empfindlichkeit gegenüber antibiotisch wirksamen Substanzen getestet werden.

Beispiel aus der Praxis Rind:
Abgesehen davon, dass beim oben genannten Mastbetrieb bei vorbehandelten Tieren oft keine Erreger mehr nachweisbar sind, gestaltet sich in diesem Fall auch die Probenahme schwierig. Nasentupfer könnten zwar problemlos genommen werden, allerdings sind diese nicht für das Erregerspektrum der Lunge repräsentativ. Hierzu könnte eine aufwendige und teure bronchoalveoläre Lavage notwendig sein.

5. Ausnahmen von der Antibiogrammpflicht

Von der Erstellung eines Antibiogramms kann nur unter bestimmten Umständen abgesehen werden. Dies ist der Fall, wenn die Gefahr besteht, dass der Gesundheitszustand des erkrankten Tieres durch die Probenahme zusätzlich beeinträchtigt wird. Eine solche Gefahr besteht beispielsweise, wenn das Tier im Rahmen der Untersuchung sediert oder narkotisiert werden müsste, also auch bei der schon erwähnten bronchoalveolären Lavage.
Weitere Ausnahmen von der Antibiogrammpflicht bestehen, wenn der Erreger nicht mittels zellfreier Medien kultiviert werden kann oder keine geeignete Methode zur Sensibilitätstestung zur Verfügung steht. Cephalosporine der 3. und 4. Generation sowie Fluorchinolone dürfen bei Einzeltieren dann ohne Erstellung eines Antibiogrammes eingesetzt werden, wenn im Rahmen der Bestandsbetreuung für die zu behandelnden Einzeltiere aussagekräftige, repräsentative Kenntnisse zur Resistenzlage vorliegen (d. h. wenn nur diese Wirkstoffgruppen zur Behandlung in Betracht kommen).
Da die Ausnahmen von der Antibiogrammpflicht jedoch nur vage formuliert sind, ist von deren Anwendung eher abzuraten bis zukünftig durch richterliche Entscheidungen eine größere Klarheit in ihrer Auslegung besteht.

6. Ausweitung der Dokumentationspflicht

Die Nachweispflichten bei der Anwendung von Arzneimitteln bei Tieren, die der Gewinnung von Lebensmitteln dienen, wurden ausgeweitet. Bei antibiotisch wirksamen Arzneimitteln ist sowohl das Anwendungs- bzw. Abgabedatum und zusätzlich auch das Untersuchungsdatum zu dokumentieren. Neben den bisherigen obligatorischen Angaben ist nun bei der Anwendung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die nicht ausschließlich zur lokalen Anwendung dienen, das geschätzte Gewicht der Tiere zu dokumentieren.
Bei der Behandlung von Rindern, Schweinen, Hühnern oder Puten mit antibiotisch wirksamen Arzneimitteln müssen zudem Angaben über deren Nutzungsart (Mastkälber bis zum Alter von 8 Monaten, Mastrinder ab dem Alter von 8 Monaten, Ferkel bis einschließlich 30 kg, Mastschweine ab über 30 kg, Mastputen oder Masthühner), die Anzahl der Behandlungstage zur Berechnung der Therapiehäufigkeit, sowie die betriebseigene Registriernummer gemäß Vieh-Verkehrs-Verordnung dokumentiert werden. Im Rahmen der Erregerisolierung zur Durchführung der vorgeschriebenen Sensibilitätstestung hat der Tierarzt darüber hinaus zu dokumentieren:

  • Datum der Probenentnahme
  • Name und Anschrift
  • des Tierhalters
  • Identität der beprobten Tiere
  • Probenmatrix
  • Bezeichnung des verwendeten Tests
  • Datum von Untersuchungsbeginn und -ende
  • den Befund als quantitatives und qualitatives Ergebnis der Sensibilitätstestung

Bedeutung für Tierarzt und Tierhalter

Fragwürdige Probenentnahmen, um die Dokumentationspflicht zu erfüllen, sind medizinisch nicht immer sinnvoll. Mastitis ist die einzige Erkrankung bei der in vielen Praxen standardmäßig Proben entnommen und Antibiogramme erstellt werden, da dies schnell, einfach und kostengünstig durchführbar ist. Inwieweit es bei anderen Erkrankungen überhaupt möglich ist, geeignete Proben zu entnehmen, bleibt fraglich. 
Diagnosen werden aufwendiger und teurer. Gerade die Antibiogramme werden in vielen Fällen zu keiner Verbesserung führen, da die Ergebnisse oft erst nach Abschluss der Behandlung vorliegen.

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